Die Ismaninger SPD nimmt Abschied von ihrem ältesten Mitglied Willy Wantosch. Als Sohn einer Kaufmannsfamilie nach dem 1. Weltkrieg im Nebeneinander von Deutschen und Tschechen in der neu gebildeten Tschechoslowakei aufgewachsen, sind zwei Erfah-rungen für sein späteres Leben wichtig geworden. Da war zum einen die große Arbeits-losigkeit. Sie hat viele Menschen in Kummer und Not gestürzt und die Frage aufkom-men lassen: Wie wird es weitergehen? Mit Sicherheit hat diese Frage auch die Kauf-mannsfamilie Wantosch umgetrieben. Im Sudetenland – und dies war die zweite Erfah-rung des jungen Willy – hat sich diese Frage mit besonderer Schärfe gestellt, weil die Spannungen zwischen Deutschen und Tschechen in jenen Jahren an Brisanz zunahmen.
Willy Wantosch hat sich von der Unsicherheit der Zukunft nicht unterkriegen lassen, damals nicht und später nicht. Er wurde schon zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zur deutschen Wehrmacht eingezogen und hat so den Krieg am eigenen Leib erfahren, bis er in amerikanische Gefangenschaft geriet. Sein Glück – wenn man es so nennen will – war, dass er schon im Frühsommer 1945 in der Oberpfalz entlassen wurde und sich im Bayerischen Wald als Holzfäller verdingte. Als er Anfang 1946 erfuhr, dass seine Ange-hörigen aus der Heimat vertrieben worden und nach mehreren Zwischenstationen in Ismaning angekommen waren, machte er sich auf den Weg hierher. Willkommen waren die rund 1000 Heimatvertriebenen und Flüchtlinge nicht bei allen jener damals 3000 Ismaninger Einwohner.
Neuanfang in Ismaning
Wäre es verwunderlich gewesen, wenn all das, was Willy daheim im Sudetenland, im Krieg und in der unmittelbaren Nachkriegszeit erlebt hat, wenn ihn all das zu einem verbitterten, verdrossenen Menschen gemacht hätte? Das Gegenteil war der Fall. Willy Wantosch hatte Verständnis für die schwierige Situati-on der Ismaninger; denn sie mussten ja nicht nur die 1000 Heimatvertriebenen, son-dern auch zahlreiche ausgebombte Münchner in ihren damals nicht immer komfortab-len Häusern aufnehmen.
Dass es gelungen ist, in den Jahren um 1950 mit der Maltesersiedlung an der Wasser-turmstraße für rund 20 heimatvertriebene Familien ein neues Zuhause zu schaffen, war wesentlich auf das Wirken Willy Wantoschs zurückzuführen, aber auch, so hat er mit Nachdruck betont, auf die Fürsprache des damaligen Ismaninger Pfarrers Dr. Appel beim Erzbischöflichen Ordinariat und auf die Vermittlung des damaligen Kaplans Lehner zur Gemeindeverwaltung. Willy Wantosch wollte helfen, wollte anpacken, um die Not zu lindern, und er baute dabei auf die Zusammenarbeit mit anderen hilfsbereiten Men-schen.
Nimmt es angesichts dieses Lebenslaufs Wunder, dass er nicht nur sozial dachte, son-dern sich auch politisch interessierte und engagierte? 1947 ist er daher der SPD beige-treten. Von da an hat er die Ismaninger SPD mitgeprägt. Er hat großen Anteil daran, dass Erich Zeitler 1952 zum Bürgermeister gewählt wurde. Er hat als Vorsitzender des Ortsvereins, als Gemeinderat, als Zweiter Bürgermeister und ab 1959 als Mitarbeiter und als Leiter des Bauamts die Entwicklung Ismanings maßgebend mitgestaltet.
Dank für eine beispielhafte Lebensleistung
Dass Ismaning keine seelenlose Wohnsilogemeinde geworden ist, haben wir ganz wesentlich auch dem Verstorbenen zu verdanken. „Wir wollten die Entwicklung der Gemeinde im Griff behalten“, hat er rückblickend betont und noch in seinen letzten Lebensjahren immer wie-der der Sorge und der Skepsis gegenüber einer allzu schnellen Entwicklung Ismanings Aus-druck gegeben.
Mit Willy Wantosch ist eine beeindruckende Persönlichkeit von uns gegangen, ein mitfüh-lender Zeuge, ein mitgestaltender Zeuge des 20. Jahrhunderts. Die Ismaninger SPD sagt Willy Wantosch Dank für seinen Einsatz für Solidarität und Gerechtigkeit, Dank für seine beispiel-hafte Lebensleistung. Bruno Rimmelspacher