Geschichte der SPD Ismaning

100 Jahre SPD Ismaning

Als am 30. März 1952 der 31-jährige angehende Rechtsanwalt Erich Zeitler mit 63,4 Prozent der Stimmen die Ismaninger Bürgermeisterwahl gegen den amtierenden Bürgermeister Andreas Schweiger (CSU) gewinnt, beginnt eine Ära beispielloser Erfolge der Ismaninger SPD. Mit Erich Zeitler an der Spitze prägen die Ismaninger Sozialdemokraten in den nächsten 38 Jahren die Entwicklung des Krautdorfs zu einer lebens- und liebenswerten Gemeinde, die sich ihrer Geschichte bewusst ist und zugleich einen sozialen und wirtschaftlichen Wandel einleitet und in den folgenden Jahrzehnten nachhaltig fördert.

1909: Gründungsfest in Unterföhring

Kaspar Deimel
Begonnen hat die Geschichte des Ismaninger SPD-Ortsvereins im Juni 1909. Damals lud die „Sektion Bogenhausen-Föhring-lsmaning" des sozialdemokratischen Vereins München zum „Gründungsfest mit Konzert, Tanz, Glückshafen und Preiskegelscheiben" in die Gandlsche Gartenwirtschaft (heute „Zum Gockl") in Unterföhring ein. Die sozialdemokratische Arbeiterschaft verstand sich als große Familie, die gemeinsam für ihre politischen und sozialen Forderungen kämpfte und gemeinsam feierte.

Die neu gegründete Sektion entfaltete schon bald eine rege Tätigkeit. Die Erörterung brennender Tagesfragen (die Bierpreiserhöhung spielte 1909 eine große Rolle) sowie die politische und wirtschaftliche Aufklärung der Mitglieder standen im Vordergrund. Die Versammlungen fanden regelmäßig am Sonntagnachmittag statt, weil bei einer fast 60-stündigen Arbeitswoche an Wochentagen keine freie Stunde blieb.

Die neue Sektion hat rasch einen solchen Aufschwung erlebt, dass sie sich schon 1910 zunächst in die Gruppen Bogenhausen und Ismaning-Unterföhring aufteilen konnte. Noch im selben Jahr bildeten dann Ismaning und Unterföhring jeweils eigene Ortsvereine. Erster Ortsführer der Ismaninger SPD war der Maurer Kaspar Deimel, ab 1913 bis zum Verbot der Partei durch die Nazis 1933 der Arbeiter Franz Beiss.

Dass der Boden für die Gründung eines SPD-Ortsvereins in Ismaning gut vorbereitet war, hatte schon die Reichstagswahl von 1907 gezeigt. Damals erhielt Georg von Vollmar, der führende Kopf der bayerischen Sozialdemokraten, in Ismaning im ersten Wahlgang 34 von insgesamt 160 Stimmen. In der Stichwahl vereinigte Vollmar sogar 103 von 187 Ismaninger Stimmen auf sich. Bei der letzten Reichstagswahl im Kaiserreich errang die SPD im Januar 1912 einen glänzenden Sieg. Sie erhielt in ganz Deutschland 34,8 Prozent der Stimmen und 110 von 397 Sitzen. Damit wurde sie erstmals stärkste Fraktion im Reichstag. In Bayern erlangte die SPD mit 27,3 Prozent der Stimmen 8 Mandate, darunter auch das im Wahlkreis München II. Ismaning trug ein gutes Stück dazu bei: Georg von Vollmar bekam 54,6 Prozent aller Ismaninger Stimmen.

Bei der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl von 1911 war die SPD dagegen wie bei allen vorausgegangenen Kommunalwahlen nicht angetreten. Das konservative bayerische Wahlsystem gestand nämlich bis 1919 nur den Bürgern das Wahlrecht zu, die direkte Steuern zahlten und das Bürgerrecht erworben hatten. Das aber gelang in Ismaning nur wenigen Arbeitern. Obwohl die Gemeinde 1911/12 schon rund 2300 Einwohner zählte, waren für die Kommunalwahl 1911 nur 156 Männer stimmberechtigt, für die Reichstagswahl 1912, die weder Steuerzahlung noch Grundbesitz voraussetzte, dagegen immerhin 483 Männer (Frauen bekamen erst durch die Revolution von 1918 das Stimmrecht). In Ismaning behielten daher Bauern und Gewerbetreibende bis Mitte 1919 das Ruder allein in der Hand.

1919: Erste SPD-Gemeinderäte

Franz Beiss
Daran änderte sich trotz der November-Revolution 1918 zunächst nur wenig, denn die 1911 gewählten Bürgermeister und Gemeinderäte blieben vorerst im Amt. Selbst der im November 1918 gebildete Arbeiter- und Bauernrat aus drei Arbeitern, vier Bauern und zwei Gewerbetreibenden gewann neben dem Gemeinderat kaum Gewicht. Nennenswerten Einfluss auf die Gemeindepolitik erlangte die Ismaninger SPD erst nach der Kommunalwahl im Juli 1919, als sie ein Drittel der Stimmen und damit fünf von 16 Gemeinderatssitzen gewann.

Welche Wertschätzung die SPD-Gemeinderäte mit ihrer tatkräftigen Arbeit erreichten, zeigte 1921 beispielhaft ein Dankschreiben des damaligen Bürgermeisters Josef Reisinger an Franz Schreyer: „Besondere Anerkennung darf ich Ihnen mit Einstimmung des Gemeinderates aussprechen für Ihre Mühen als Vertrauensmann der sozialdemokratischen Wähler, als Arbeitervertreter, als Vorsitzender der Lebensmittelkommission und Glied der Finanzkommission, in welcher Tätigkeit Sie nicht nur das volle Vertrauen des Gemeinderates, sondern auch das der Einwohner Ismanings hatten. In dieser zwiespaltreichen Zeit bemühten Sie sich stets einen Ausgleich der Gegensätze zu finden, und ich kann sagen, dass es Ihnen auch oft geglückt ist, Klüfte zu überbrücken und großen Hader zu dämmen."

Während der politischen Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik spaltete sich zur Gemeinderatswahl 1929 eine als „Arbeitsgemeinschaft" bezeichnete Gruppe von SPD-Mitgliedern ab. Sie gewann auf Anhieb drei Gemeinderatssitze, während der SPD nur noch zwei Mandate verblieben. Aus der „Arbeitsgemeinschaft" erwuchs 1931 eine Ortsgruppe der KPD mit Kaspar Deimel an der Spitze, der 1945/46 Ismanings erster Nachkriegsbürgermeister wurde.

1933 beendete die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland auch die politische Betätigung der Ismaninger SPD. Ihr Vorsitzender Franz Beiss wurde 1933 im KZ Dachau inhaftiert.

1945: Stunde Null

Leonhard Fanderl
Als am 1. Mai 1945 die US-Armee mit 150 Mann in Ismaning einrückte, waren hier die Naziherrschaft und der Zweite Weltkrieg faktisch zu Ende. Die Amerikaner setzten noch am selben Tag an Stelle des seit April 1933 als Bürgermeister amtierenden Gastwirts und Uhrmachers Korbinian Huber (NSDAP) die früheren Gemeinderäte Kaspar Deimel (KPD) als Ersten Bürgermeister und Leonhard Fanderl (SPD) als seinen Vertreter ein.

Nach zwölf Jahren Hitler-Diktatur begann der demokratische Neuaufbau auf der untersten Ebene, in den Kommunen. Fast 40 Jahre nach der Gründung entstand der SPD-Ortsverein wieder. Es waren vorwiegend Arbeiter, die sich erneut in der SPD zusammenfanden, um beim Aufbau einer sozialen und demokratischen Gesellschaft mitzuwirken.

Am 27.1.1946 fanden in den kleinen und mittleren bayerischen Gemeinden die ersten freien Wahlen statt. In Ismaning mit seinen rund 4600 Einwohnern - darunter 1100 Heimatvertriebene vor allem aus dem Sudetenland - errangen die CSU 6 Sitze, die SPD 5 Sitze, die KPD und Parteilose je einen Sitz. Bei der Neuwahl des Gemeinderats im April 1948 traten die bisherigen SPD-Gemeinderäte Fanderl und Huber mit einer eigenen Liste „Soz. Arbeitsgemeinschaft" an und wurden prompt wiedergewählt. Die SPD erreichte nur noch drei Sitze.

![1. Gebäude mit Gemeindewohnungen]

(/image/2/300/204/5/media/static/gemeindewohnungen-548dc07d5eab7.jpg)

Eine der wichtigsten Aufgaben der Nachkriegszeit bestand - neben der Sicherung der Lebensmittelversorgung - in der Behebung der Wohnungsnot. Evakuierung der Stadtbevölkerung, Zerstörung der Städte, Flüchtlingsströme hatten den Wohnraum auch auf dem Land knapp werden lassen. In Ismaning übernahm der Zweite Bürgermeister Leonhard Fanderl die schwere Aufgabe, Wohnraum zu beschaffen und gerecht zu verteilen. Eine nachhaltige Besserung der Wohnungslage gelang jedoch erst, als die Gemeinde nach der Wahl Erich Zeitlers zum Ersten Bürgermeister ab 1952 in größerem Umfang selbst Mietwohnungen baute und Bauwilligen Grundstücke zur Verfügung stellte.

Bürgermeister Erich Zeitler
Nach der Spaltung der SPD bei der Kommunalwahl 1948 ging es alsbald wieder aufwärts, als Anton Friebl und Willy Wantosch an die Spitze des Ortsvereins gewählt wurden. Damit war der Grundstein für ein erfolgreiches Wirken in den nächsten Jahrzehnten gelegt. Erich Zeitler wurde nach 1952 mit souveränen Ergebnissen in sechs weiteren Bürgermeisterwahlen im Amt bestätigt, die SPD war von 1956 an 40 Jahre lang stärkste Fraktion im Gemeinderat. 1972 zogen mit Elisabeth Böltl und Maria Wantosch von der SPD die ersten Frauen in den Ismaninger Gemeinderat ein. Elisabeth Böltl wurde 1978 Dritte Bürgermeisterin.

2008: Frauenstärke

Elisabeth Böltl
Die Stärke der Ismaninger Sozialdemokratinnen dokumentiert im Jubiläumsjahr die Tatsache, dass sie vier von sechs Mitgliedern der Gemeinderatsfraktion stellen und Luise Stangl den Ortsverein seit 1993 führt, nachdem zuvor Willy Wantosch (1961 bis 1964), Adolf Horst (1964 bis 1970) und Robert Häring (1970 bis 1993) den Vorsitz der Ismaninger SPD innegehabt hatten. Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat waren Anton Friebl (1952 bis 1964), Willy Wantosch (1964 bis 1966), Adolf Horst (1966 bis 1970), Herbert Apfeld (1970 bis 1972), Rudi Lukes (1972 bis 1978, 1984 bis 1990), Bruno Rimmelspacher (1978 bis 1984, 1990 bis 2008), Reiner Knäusl (1990 bis 2003) und seit 2008 Alexander Greulich. Neben Erich Zeitler und Elisabeth Böltl waren als Zweite Bürgermeister Anton Schätz (1966 bis 1970), Willi Wantosch (1970 bis 1972) und Bruno Rimmelspacher (1984 bis 1990) sowie als Dritter Bürgermeister Robert Häring (1972 bis 1978) mit an der Spitze der Gemeinde gestanden.

Der Wohnungsbau, der Ausbau und die Sicherung der Infrastruktur Ismanings auf den Gebieten und des Verkehrs, die Übernahme von Strom- und Gasnetz, die nachhaltige Förderung von Erziehung, Bildung und sportlicher Betätigung, die „Entdeckung" der Umweltaufgaben: all das waren und sind Felder, auf denen sich die SPD maßgebend und tatkräftig für Ismaning eingesetzt hat und weiterhin einsetzt.

Kultur für Ismaning

Luise Stangl und Gerhard Polt
Neben der intensiven politischen Arbeit prägt die Ismaninger SPD heute auch mit gesellschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen das Leben in der Gemeinde: so etwa mit den von Johanna Hagn initiierten Kamingesprächen, mit den von Luise Stangl organisierten Kabarettabenden oder mit dem alljährlichen SPD-Radeln zu interessanten Ausflugszielen in der näheren Umgebung.

Auf einem Fundament hervorragender Leistungen im ersten Jahrhundert des Bestehens ihres Ortsvereins aufbauend, blicken die Ismaninger Sozialdemokraten mit Zuversicht nach vorn. Sie sind bereit, ihr soziales Engagement und ihre Erfahrungen auch in Zukunft zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.